Von Gott sprechen. Als Frau. Nach der Aufklärung

Feministische Theologie ist nicht nur Kritik patriarchaler Transzendenzverwaltung, sondern auch Rede von Gott. Von Gott zu reden kann zwar bedeuten, distanziert “über Etwas” zu sprechen, evoziert aber immer auch den Anspruch, im Namen Gottes die Wahrheit zu sagen. Biblisch gesprochen steht Theologie, sofern sie diesen Anspruch nicht ausdrücklich zurück weist, in der Tradition des prophetischen Amtes: es ging und es geht beiden darum, immer wieder neu öffentlich auszusagen, was Gottes Weg und Weise für die Welt ist.

Frauen stehen, wenn sie Prophetie als eine eigene Möglichkeit begreifen, vor vielen Fragen: Können wir uns in eine Tradition stellen, die weibliche Autorität beargwöhnt, wenn nicht gar ausschliesst? Wie entsteht prophetische Vollmacht? Wie verhält sie sich zu den heiligen Texten der Vergangenheit? Welche zeitgemässen Begriffe können ein Phänomen, das mit dem “Tod Gottes” nicht einfach verschwunden ist, angemessen zur Sprache bringen? Welchen Gefahren setzt sich aus und welche erstaunlichen Lebensmöglichkeiten entdeckt, wer sich nicht nur wissenschaftlicher Objektivität verpflichtet, sondern sich auch versteht als eine, die auf göttliches Wort hört und es der Welt mitteilt?

Ich werde von dem aus eigener Erfahrung gewonnenen Wissen ausgehen, dass es vollmächtige Rede (von Frauen immer gegeben hat und) auch heute gibt. Anknüpfend vor allem an bibelwissenschaftliche Befunde zur Frage der (weiblichen) Prophetie und den derzeit viel diskutierten Begriff der weiblichen Autorität werde ich auf die Suche gehen nach einem angemessenen Verständnis und einer sinnvollen Begrifflichkeit für ein Phänomen, das wir im Interesse einer lebenswerten Zukunft nicht für überholt erklären sollten.

Krinau, im Januar 2003 Ina Praetorius


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